Die Eiskönigin
Gräser, dunkle Bäume, gläsern filigran, im hellen
Wintersonnenlicht.
Es ist als wollten sie mir sagen: " bitte störe meine
Ruh' jetzt nicht -
werd' sonst nicht erblicken, des Frühlings erstes, wärmend Angesicht!"
Und auf dem Eise, noch dicht am verschneiten Uferrand, gar viele Paare,
Kinder tummeln sich - unbeschwert, ganz außer Rand und Band;
nur auf der Sees Eisesmitte schwebt auf bezaubernd, betörend Weise,
eine Maid, ganz im Weiße, stolz wehend Haar, so zieht
sie ihre Kreise.
Aus ihrem schönen verträumten Munde, verströmt ihr Atem -
so furchtbar kalt und eisig, umfängt er Gezweig und See;
die Eisesmitte nun fest gefrieret, welch ein Wunder dies zu seh'n.
des Winters Tochter, in ihrer frostig Schönheit: du wunderbares
Weh'!
Da läuft im schnellen Gleite, ein Knabe, auf der Sees Mitte zu;
so heiß, lodernd steht sein noch so junges Herz in Flammen,
und ich hör' es verlangend flüstern: "tanz mit mir du Schöne,
denn ich will nicht länger warten, vorbei ist meiner Sinne Ruh'."
Warm umschlingen seine Arme den erschrocken wehrend Leib -
es schmilzt des Eises starre Schwere, alle retten sich zum Ufer hin;
"ach Knabe, zu eilig, unbedacht dein Werben, ich muss nun geh'n,
lange Zeit, du musst jetzt warten, auf deine, des Eises stolze
Königin!"
(Reinhard Blohm - Brettin 2006)
zurück zur Übersicht: Wintergedichte