Eisenzeit
Als Keltenjäger einst auf leisen Sohlen
das Quellgebiet von Eder, Sieg und Lahn
erreichten und dort unverhohlen
Erzbrocken auf der Erde funkeln sah'n,
begann man in dem rauhen Land zu siedeln,
das tief im Innern solche Schätze barg.
Bald klangen auf der Troubadixe Fiedeln
zum frohen Tanz, war auch das Leben karg.
Der Eisenstein trat vielerorts zu Tage,
man mußte nicht in große Tiefen dringen.
So war der Kundige leicht in der Lage,
ihn zu gewinnen und dem Schmied zu bringen.
Der schmolz das Erz im flachen Kuppelherde
mit Kohlenholz zu einem Eisenbrei
und hämmerte, damit zu Stahl er werde,
die schwere Luppe von der Schlacke frei.
Bald zwangen mächtige Germanenstämme
die Kelten nieder, Übermacht gewann,
doch das man deren Tatendrang nicht hemme,
nahm der Germane sie als Lehrer an.
Aus unserm Eisen schmiedeten die Franken
Die Heil´ge Lanze, ihres Reiches Herz;-
die besten Schwerter in Germanenpranken
entstanden stets aus Siegerländer Erz.
Als einstmals unweit der Westfalenpforte
Arminius das Römerheer bezwang,
ward es zum Schicksal mancher Kampfkohorte
und führte mit zu deren Untergang.
Selbst Wieland, sagenhaftester der Schmiede,
entstammte unserm Lande an der Sieg,
besungen in so manchen alten Liede,
da er wie Phönix aus der Esse stieg.
und immer tiefer trieben wir die Schächte
und Stollen in der harten Berge Mark,
erhoffend, daß der Bergbau Wohlstand brächte,
denn Eisen macht nicht nur die Arme stark.
Die Berge glichen bald Termitenhaufen
und Schweizer Käse, überall gelocht;
man konnte allerorten Kuxe kaufen,
da ward gebohrt, gehämmert und gepocht.
Das Siegerland war gradezu der Nabel,
an dem die deutsche Eisenwirtschaft hing,
doch schließlich wurden Gruben unrentabel,
weil man in ungeheure Tiefen ging.
Zollschranken fielen nunmehr allerwärts,
die Länder handelten jetzt um die Wette,
zu teuer ward das Siegerländer Erz
und billiger die Lothringer Minette.
Es war nicht mehr aus Holz gebrannte Kohle,
die einst der Köhler in den Meilern buk
und die, dem alten Volke stets zum wohle
so lange Zeit die Eisenwirtschaft trug.
An deren Stelle war der Koks getreten,
den man in Gruben an der Ruhr gewann;
der Tradition half jammern nicht, noch beten,
die neue Technik zog sie nun in den Bann.
So war das dicke Ende schließlich da!
nach fünfundzwanzig Hunderten von Jahren
sah man im Siegerland, das ging uns nah,
den letzten Bergmann in die Grube fahren.
(Trutzhart Irle)
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