Sagen humorvoll aufbereitet
In der Nibelungensage ist die Hauptfigur Kriemhild und die Hauptproblematik die der höfischen Kultur. Es macht aus dem vermutlich viel älteren Sagenstoff beinahe einen Roman, der im Kleid einer Sage Probleme der damaligen Gegenwart von Autor und Publikum zu behandeln scheint.
- Geschrieben von Dr. Trutzhart Irle -
Es lebte einst im Städtchen Xanten
der junge Siegfried nebst Verwandten.
Sein Vater saß dort auf dem Thron,
denn Siegfried war ein Königssohn.
Und da der Junge groß und stark,
ging er hinaus in Wald und Park,
um ein paar Bäume hochzuheben
und überhaupt - was zu erleben.
Kaum war vom Hause er geschieden,
sah er den Mime Schwerter schmieden
und dachte sich, daß er wohl gerne
das Handwerk selbst einmal erlerne.
Doch schlug, im Lendenschurz aus Loden,
den Amboß er in Grund und Boden.
Auch dauerte es gar nicht lange,
da brach bereits des Schmiedes Zange,
und weil sich Siegfried unentwegt
mit den Gesellen angelegt,
beschloß ihn Mime zu entfernen.
Er schickte ihn bei Mond und Sternen
dorthin, wo längst ein Lindwurm hauste,
der jeden auffraß und zerzauste.
Nun, Siegfried brachte ihn auf Trab
und stach das Untier einfach ab.
Dann wälzt er sich aus Übermut
in dieses Lindwurms Drachenblut,
weil jeden, der das ausgenützt,
in Zukunft eine Hornhaut schützt.
Doch, wie man schon befürchtet hat,
fiel just herab ein Lindenblatt,
grad zwischen seine Schulterblätter,
was besser wohl verhindert hätt er,
weil dort, was man betrüblich fand,
nun überhaupt kein Horn entstand.
Als er dann durch den Wald gesprungen,
begegnet er den Nibelungen,
die just dabei, sich zu beeilen,
um ihre Schätze aufzuteilen.
Jung-Siegfried hilft vor Ort sofort
und teilt den weltberühmten Hort,
worauf sie, ohne nachzudenken,
ihm ihren scharfen Balmung schenken,
denn, folgend des Objektes Tücke,
haut er sie bald damit in Stücke.
Noch eh er in die Welt entwich,
stieß er dann auf Zwerg Alberich,
der nicht nur mit zu großer Klappe
nein, auch noch mit getarnter Kappe
dem Siegfried an die Hornhaut wollte,
was er jedoch bereuen sollte,
denn dieser hat ihn erst verwarnt
und dann erbarmungslos enttarnt, so daß nun Alberich,
der Bewußte,
ihm schließlich Treue schwören mußte.
Er sitzt seitdem noch immer dort
und hütet Siegfrieds neuen Hort.
Zu dieser Zeit ward jenem kund,
daß in dem Königreich Burgund
die schöne Kriemhild wohnen sollte,
die keine Männer haben wollte.
Als Brüder herrschten hoch und hehr
dort Gunther, Gernot, Giselher.
So ging Jung-Siegfried denn zum Schwoof
nach Worms an Gunthers Königshof,
um sich bei der bisher noch herben,
so schönen Kriemhild zu bewerben.
Und siehe, er gefiel ihr gut,
so groß und stark und voller Mut.
Doch eh er schließlich sie errungen,
ist er für Gunther eingesprungen,
der, was sehr schwierig werden sollte,
Brünhilden gern erwerben wollte.
Die saß als bärenstarkes Weib
auf Island, und zum Zeitvertreib
macht sie mit furchtbarer Gewalt
dort jeden ihrer Freier kalt,
der sie als heldenhafter Mann
im Wettkampf nicht besiegen kann.
So sprang denn Siegfried ganz allein
für den Burgunder-Gunther ein,
indem er sich zuerst getarnt,
sie erst besiegt und dann umgarnt,
und ihr, die noch an Gunther glaubte,
die Unschuld und den Gürtel raubte.
Das war nun prima hingebogen
und wäre wohl nie aufgeflogen,
hätt Siegfried, der bald frisch vermählt,
dies seiner Kriemhild nicht erzählt.
Nach einer ziemlich langen Zeit
kam es jedoch zu wüstem Streit
just zwischen beiden Schwägerinnen,
wobei die Kriemhild wie von Sinnen,
der Brünhild vorwarf, ganz gezielt,
was sich in Wahrheit abgespielt.
Das war ja wohl ein echter Schocker,
Brünhilde fiel nun fast vom Hocker;
Gefolgsmann Hagen, wild und finster,
schlich darauf durch Gestrüpp und Ginster
und stach dem Siegfried tief und glatt
den Speer just durch dein Lindenblatt.
Der Held verendete alsbald
im wunderschönen Odenwald.
Nun aber Schluß mit dem Gemetzel.
Im nächsten Jahr der König Etzel.
(Trutzhart Irle)
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