getreten; sie wollte hinter ihm her rufen, da hörte sie seinen Aufschrei und einen dumpfen Fall auf der Diele. Das Herz stand ihr fast still, eine eisige Kälte kroch sie an: Mord - Mord im Hause. Sie wagte kaum zu atmen, starrte nur mit entsetzten Augen durch die Haustür auf die Diele, wo sie die hingestürzte Gestalt des Briefträgers erkennen konnte. Als so einer war der schwarze Knecht, nicht nur ein Einbrecher, sondern auch ein Mörder - er war also einer von denen die ins Oderbruch kamen, weil ihnen in der Großstadt der Boden unter den Füßen zu heiß geworden war! Kathrin schauderte, zitternd blickte sie wieder hinüber - Der Briefträger lag mit den Füßen an der Haustür, sein Körper war in den großen Flur geschlagen, nun sah sie, wie der Mörder sein Opfer tiefer in die Diele schleifte und seine Tasche zu durchsuchen begann. Nachdem er verschiedene Sachen an sich genommen hatte, ließ er von ihm ab und ging ins Wohnzimmer zurück. Gleich darauf erschien der Verbrecher mit einem wohlgefüllten Bündel, das er aus der Tischdecke geschnürt hatte, auf dem Hof und ging schnellen Schrittes in den Stall, an die alte Kathrin oben in ihrer Stube schien er gar nicht zu denken. - Das alte Weiblein am Fenster war steif vor Entsetzen und Angst, sie rührte sich nicht, saß wie gebannt, nur die Augen gingen angstvoll umher. Sie wusste genau, wenn er sie bemerkte, würde er sie ebenfalls umbringen, um nicht durch sie verraten zu werden. Der Kerl kam soeben wieder aus dem Stall hervor, mit einem alten Sack auf dem Rücken, aus dem grünes Kleefutter hervorschaute, als ihm etwas auf dem Hof entgegentrat, was der alten Kathrin vor Entsetzen fast die Besinnung raubte. Durch das Hoftor kam singend und unbekümmert fröhlich, ihr Köfferchen in der Hand, den breitkrempigen Strohhut auf dem braunen Haar, die Gretel. Irgendein Zufall hatte sie schon heute nach Hause geführt, sie war die gute Stunde vom Bahnhof zu Fuß gegangen, nun kam sie in diesem unseligen Augenblick auf den Hof.
Kathrin war hochgefahren, sie stützte sich mit den Händen auf die Armlehnen, wollte Gretel anrufen, sie warnen - aber mit einem Gurgeln sank sie zurück, ihre alte Kehle gab vor Aufregung keinen Ton aus dem Munde -. Der schwarze Pole wollte sich zuerst an der Gretel vorbeidrücken, als sie ihn aber anrief und nach den Eltern fragte, blieb er stehen und musterte sie mit bösen Blicken. Langsam stellte er den schwarzen Sack auf die Erde, trat näher auf sie zu, die kam ihm gerade recht, das gab noch einen feinen Abschied zum Schluss und dem Bauern für seine Strenge einen hübschen Denkzettel. Seine Augen glitzerten, als er mit bösem Lachen dem Mädchen an den Arm griff. Aber die Gretel war durch den Ausdruck seiner Augen gewarnt, flinker als er. Sie sprang zur Seite, eilte aufs Haus zu, doch der Bursche setzte ihr mit Tigersprüngen nach und holte sie an der Haustür ein. Roh umschlang er die Schreiende und versuchte sie gierig zu küssen; aber die Gretel wehrte sich wie eine wilde Katze, sie schlug und biss um sich mit Schreien und Weinen und ein guter Engel führte wohl ihre kleine Faust, dass sie dem Unhold auf die Nase sauste, dass er sie loslassend zurück taumelte. Im Rückwärtsstraucheln riss er das Rad des Briefträgers um, das an die Hauswand gelehnt stand und schlug der Länge nach über das Rad hin an die Erde. Das